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Retroartikel: Hugo, Schiedsrichter und der Stuhl

Foul? Foouul?? Da ist was faul. Schiedsrichter gehören abgeschafft. Da musste Tittifun doch tatsächlich einen spielentscheidenden Ausschluss erdulden. Kann man dagegen nicht in eine Schmiergeldkassa einzahlen? Wieder einmal war ich ratlos, ich, ein Herr von Lysenfurz. Meine üblichen Praktiken sind bei Teamchef veritabel nicht möglich. Dann reflektiere ich manchmal, ob Fußball vielleicht doch nicht für den Hugo sei. Aber surprise, der Ausschluss leitete meinen Anschluss an die Fußball-Society ein.

Sie kennen mich mittlerweile: Hugo, Baron von Lysenfurz. Beruf: Upper-Class-Angehöriger, nebenbei Blauhai. Pardon, Blaublut, aber Bauhai. So wie Medientycoon, nur mit Ziegeln. Sie wissen ja, „Blaublut baut gut“. Alsdann: Beim letzten Match ergab sich die formidable Okkasion für mich, Hand an das Sattseestadion legen zu dürfen. Der Präsident, Wildgeist, hat in einem akuten Anfall von Nonchalance seine Arroganz vergessen und mich mit dem nächsten Stadionausbau beauftragt. Das war Konsequenz eines Blackouts seinerseits, denn eigentlich schätzt man sich nicht besonders. Aber Wildgeist musste wohl kompensieren, dass sein Team diesmal nur 0:0 gespielt hat.

Er bildete postwendend nach dem schon erwähnten Ausschluss eine beliebte, aber äußerst profane Alliteration mit dem Wort Schiri. Oh, ja, für Sie, lieber Working-Class-Leser, eine Erklärung: Alliteration, das sind zwei Worte mit den gleichen Anfangsbuchstaben, ergo: „Sch… Schiri“. Und Sch… bedeutet nicht Schussel, Scherzbold oder Schlawiener. Es bedeutet Fäkalium. Sie wissen, was ich meine: Stuhl! Verzeihung, weiter kann ich nicht gehen, ich nehme solche Sachen normalerweise nicht in den Mund. Wildgeist schon. Wenn Sie nun immer noch keine Ahnung haben, gehen sie doch in ein Stück von Werner Schwab. Aber Sie gehen ja wahrscheinlich nicht ins Theater, zu anstrengend, nicht?

Also, Wildgeist echauffierte sich über den Schiri, und bedurfte danach einer Kompensation: „Ich muss ihn vergrößern“, erkannte er. „Dann gehen Sie doch zu einem Chirurgen, ich kenne da einen her-vor-ra-gen-den Primar, den Doktor Schnipplinski, der hat mir…“, sprudelte es aus der redseligen Frau des Bürgermeisters, neben dem Präsidenten sitzend. „Als ob mir der meinen Luxusbau vergrößern könnte? Nein, das ist eher was für den Hugo, nicht wahr, Lysenfurz?“ „Von!“, entgegnete ich, „ich komme noch von wo, nicht wie dieses Kollektiv an Herrn Karls.“ Ich verlor fast die Contenance. „Na, na, Sie werden ja rot wie ein australischer Aufpuddelfrosch in der Balzzeit.“ Er verdrehte die Augen, ähnlich Alexander Wurzens Formel-Eins-Boliden im Rennen. „Von, von mir aus. Sie sind ja in der Baubranche? Ein kleiner „Bob the Builder“ also?“ „Ein ganz großer, würde ich gnädigst vermeinen.“

So durfte ich das Sattseestadion ausbauen. Ein paar VIPs dazu, aber keine Trennmaßnahmen zum Stehplatzsektor. Dabei hatte ich gehofft, von der Masse nicht mehr molestiert zu werden. Aber Wildgeist ist wirklich ein Neureicher, der hat was für gewöhnliche Leute übrig. Ist ja selber einer Gemeiner, nur mit Geld. Stillos. Mir bleibt auch nichts erspart.

Warum lass ich das über mich ergehen? Weil ich muss. Kommerz hat Tradition... Beim Fußball lassen sich Geschäfte machen. Die besten. Wenn man dabei ist. Und ich bin nun dabei, durch den Stadionauftrag. Außerdem, gestern Nacht, als ich mir meinen Samtbommelpyjama anzog, hatte ich die Vision meiner Rache an Wildgeist: Ich steige um in die Maschinenbranche, gehe nach Kanada, und werde noch reicher. Dann verlerne ich mein Deutsch, damit alle glauben, ich sagte Gewichtiges. Schließlich sponsere ich die gesamte Teamchef-Bundesliga und übernehme einen Klub, den ich mit Geld zubuttere, dass sich der Konkurrenz die Zehennägel aufstellen. Letztendlich schließe ich mit Wildgeists Tittifun einen Kooperationsvertrag ab, der mir dessen beste drei Jugendspieler mit billigstem Vorkaufsrecht zusichert. Ha! Es kam mir nämlich zu adeligen Ohren, dass der Präsident – das scheint jetzt bei Teamchef chic zu sein – auf verbesserte Jugendarbeit, so genannte Jugendmodels, zu setzen gedenkt. Oder ich steige in die Getränkebrache ein, Dosen oder so, und kaufe mir ein Team. Das benenne ich dann um. Ganz anders als vorher. Und dann zeige ich ihm, dem Wildgeist, dass Baron Blaublut auf dem glatten Parkett des Fußball-Business immer noch besser einseift als ein Neureicher. Die kauf ich mir alle. Geschenkt. Habe die Ehre!


[wg]