Wir 3 Brüder waren auch öfters auf der Wiese vor unserem Haus kicken. Im Alter von 6 Jahren, anno 1988 (warum ich das Jahr noch so genau weiß, erkläre ich euch gleich) hatten wir wieder mal ein kleines Turnier wie immer gestartet (jeder gegen jeden, Tormann ist Schiedsrichter). Mein Bruder Robert war gerade im Tor und Niki und ich lieferten uns eine Schlacht mit unzähligen Fouls. Damals wurden bei der EM 88 die Niederländer Europameister (und zwar im Finale gegen Russland mit dem Tor von Van Basten). Robert war ein wahrer Fan von ebendiesen und ich glaube es hat ihm überhaupt nicht gepasst, dass ich in ihrem Namen kickte. Ich habe meinen großen Bruder 11-mal gefoult. Bei jedem Foul kam Robert zu mir und sagte „wer?“ und ich „Gullit, Rijkaard, Van Basten, R. Koeman, E. Koeman, Wouters.....). Bei jedem Foul eben ein anderer, wir kannten dank Panini – Sticker wirklich viele Spieler, die heute Legenden sind. Jeder dieser holländischen Spieler, die ich kannte (sogar Niki hat mir beim Aufsagen geholfen) hatte eine gelbe gesehen. Bis keiner mehr übrig war und Rijkaard die rote sah, weil er bereits zum 2. Mal gefoult hat. Ich musste also vom Spielfeldrand aus zusehen, wie mein großer Bruder Niki anschließend in einem echten Kampf gegen den holländischen Goalie Van Breukelen (den Robert dann spielte) als Sieger hervorging. Ich war Robert nicht böse für die Niederlage, denn er hatte sich für den Holländer mächtig ins Zeug gelegt.
Warum ich dieses Kapitel schlicht und einfach nach Vindobona benannt habe, ist schnell erklärt. Hinter dem „Tor“ wuchs ein riesiger Strauch. Wenn einer mal schnell „Pipi“ musste oder ein Tor geschossen hat, musste man hier durch. Eines Tages fiel mir ein Betonstein unter der Erde im Strauch auf, wo eigentlich kein Beton sein sollte. Das zeigte ich meinen Brüdern, die mir sogleich sagten, dass das noch aus dem alten Rom stammt. Damals war das eine Handelsstraße Richtung Wien (zur römischen Zeit hieß Wien noch Vindobona). Das wusste ich zwar aus dem Geschichteunterricht aus der Schule, aber dass es tatsächlich noch Rückstände gibt, war mir, von Petronell/Carnutum mal abgesehen, völlig neu und hat mich fasziniert.
Auf diese Weise entstand auch meine Liebe zur Geschichte sowie zur Geographie. Heute arbeite ich mit beiden Fächern, ich habe in meinem Berufsleben daher einen regelrechten „Traumjob“ gefunden.
Der Strauch steht übrigens heute noch dort, was mich wirklich ehrt, denn er wurde von mir seither nur noch mit besonderer Vorsicht betreten und nur dann, wenn es wirklich notwendig war.
Was die Wiese vor der Haustüre angeht, so kann ich mich erinnern, dass wir Jahre später (da war ich bereits 14 oder so), als beide Brüder schon ausgezogen waren, dort noch einmal gegeneinander spielten. Damals waren die beiden verblüfft, wie gut ich in den paar Jahren geworden war, nachdem sie ausgezogen sind. Und das war eigentlich der Anstoß, zu wissen, wenn ein Wille da ist, dass ich eines Tages in einem super Club oder gar in der Nationalmannschaft spielen werde. Die perfekten Trainingspartner dazu hatte ich (wird im nächsten Kapitel verraten), meine Mutter stellte sich jedoch von Anfang an quer, dass ich zum SV Schwechat gehe, weil ich dann immer am Wochenende Match haben würde und somit nicht mitfahren könne zu meinen Großeltern. Diese Erkenntnis hat mir damals irrsinnig wehgetan, doch heute verstehe ich sie. Damals habe ich es ungefähr so aufgenommen, als würdest du 1000 Euro auf der Straße finden und wenn du es teilen willst, nimmt man dir den gesamten Betrag weg ohne Aussicht darauf, dass du je einen Cent davon wieder siehst. Ich wusste von diesem Moment weg, dass nicht nur meine Brüder, sondern auch ich erst ausziehen musste, um tun und lassen zu können, was immer ich auch wollte.