Wie schon im ersten Teil meiner Biographie zu lesen war, hatte ich gleich in der ersten Saison als Nationalspieler den österreichischen Meisterteller heben dürfen. Bei der alten Mannschaft MHSC ist mir das niemals gelungen. Allerdings wurde ich Meister, ohne dafür etwas geleistet zu haben. Die Verhandlungen zwischen dem MHSC und Team Wien zogen sich endlos dahin. Schon Anfang Oktober wollte ich unbedingt wechseln. Hier kam mir aber mein lange vorher gebuchter Familienurlaub nach Ägypten dazwischen, welcher mir so einiges an Überraschungen bot.
Am zweiten Tag am Meer stieg ich gleich mal auf eine rote Feuerkoralle (was übrigens tödlich enden kann), die mir meine komplette Ferse aufriss. Der Schmerz war tagelang schier unerträglich. Ich durfte die erste Woche gleich mal nur humpelnd am Meer verbringen. Laufen war hier überhaupt nicht drinnen. Ich wusste, dass das meine noch nicht einmal aktive internationale Karriere in akute Gefahr brachte. Deswegen startete ich in der zweiten Urlaubswoche schön langsam mit dem Lauftraining. Das ging folgendermaßen: 200 Meter Privatstrand laufen, umdrehen, kurz ins Wasser zur Fußreinigung, wieder 200 Meter Strand laufen. Das ging manchmal 1 Stunde durch, ohne Unterbrechung. Wie ich das bei brütender Hitze von über 30 Grad praktisch in der Wüste überhaupt zustande brachte, verdanke ich meinem Idol, dem leider viel zu früh verstorbenen Formel 1 Fahrer Ayrton Senna. Auch er hatte ein derartiges Training in Brasilien stundenlang praktiziert. Die Leute am Strand sahen mich – gerade mich, der frisch verletzt ist – mit ungläubigen Augen an und ich kann euch sagen: mithilfe von Trancemusik via Ohrstöpseln, am Strand die atemberaubend feschen Mädels in Bikinis, sowie einer frischen Urlaubsliebe intus kann das unglaublich motivieren. Deshalb hatte ich auch kein Problem damit, mich auf diese Weise zurück zu kämpfen. Ich wollte um jeden Preis noch etwas in meinem Leben erreichen und es gab in Ägypten ein paar Wenige, die das wussten und mich dabei sogar unterstützen.
Als ich aus Ägypten zurückkam (in Ägypten: letzter Tag: 30 Grad und Sonne – Ankunft in Schwechat: Schneefall, 0 Grad) hatte ich erst mal eine Woche nichts getan. Der Kälteschock sowie der Unterschied beider Kulturen taten ihr Übriges. Aber danach ging die Action von vorne los. Jeden dritten Tag quer durch die Heimatstadt mindestens eine halbe Stunde laufen. Manchmal machte ich das auch ein paar Tage hintereinander. In der Zwischenzeit wurde unsere Mannschaft auch österreichischer Cupsieger und bei der Europameisterschaft in Barcelona errang sie den Vizetitel. Das spornte mich nun auch beim Regenerationstraining zusätzlich an, mit den Vereinskollegen mitzuhalten, welche ja nicht unbedingt schlecht spielten. Außerdem hatte ich immer im Hinterkopf jetzt bloß nicht wieder monatelang zu pausieren, sonst würde ich meinen Körper abermals (wie beim ersten Probetraining im September schon) demolieren.
Anfang Jänner 2013 wollte ich wieder mittrainieren, hier hatte mich jedoch eine schwere Grippe außer Gefecht gesetzt und ich musste bis Ende Jänner warten, nach über 3 Monaten Abwesenheit mit der Mannschaft mittrainieren zu können. Hallentraining stand am ersten Trainingstag am Programm, denn es stand die österreichische Hallenmeisterschaft in Schärding Mitte Februar an. Im Training versuchte ich ein wenig aufzugeigen durch Dribblings und eigentlich coolen Vorlagen, nur um mir hinterher von den Trainern anhören zu müssen, dass man das in dieser Form in der Halle nicht macht. Verdutzt über diese Aussage, versuchte ich mich an die Vorgaben zu halten, es gibt schließlich nicht viele Kicker, die Tricks in der Halle drauf haben aber was soll´s. Wenn der Trainer sagt, dass er das nicht will, dann bitte. Die Mitspieler schwärmten jedenfalls sofort von meinen Künsten und gratulierten mir zum grandiosen Comeback. Übrigens hatte ich mich auf diese Weise vom Möchtegern zum Stammkader hinaufgearbeitet. Ich wurde gefragt, ob ich denn nicht mitfahren möchte nach Schärding – nach nur einem Training! Ich sagte natürlich sofort zu.
Erst am nächsten Tag wurde mir bewusst, was ich da gerade eben erreicht hatte. Heute bin ich wirklich stolz auf mich es mir selbst gezeigt zu haben, als ich schon nicht mehr daran glaubte. Der MHSC versuchte vorher, Mitte Jänner, noch einmal mich anzuwerben, was sie auch fast geschafft hätten, da letzte Differenzen mit den neuen Trainern aus dem Weg geräumt werden mussten. Aber das Telefongespräch mit der Leitung des MHSC, sowie der Wunsch des Nationaltrainers, dass ich unbedingt bleiben soll, besiegelten den Wechsel nun endgültig. Es fehlte nur noch die Freigabe des alten Vereines. Die unfaire und unfreundliche Art, wie ich vom MHSC – Vorstand verabschiedet wurde, gab mir ehrlich gesagt zu denken, denn sie wollten und wollten mich nicht ziehen lassen, bis mein neuer Trainer ein Machtwort mit ihnen sprach. Ich freue mich auf die nächste Begegnung mit dieser Mannschaft nun ganz besonders, denn ich war jetzt topmotiviert mich bei ihnen für diese bodenlose Frechheit zu rächen. Ich hatte wirklich viel für den Verein gegeben – war das der Dank dafür?
Das Turnier in Schärding selbst fiel ins Wasser, weil wir die Startgenehmigung nicht erhielten. Und zwar aufgrund dessen, weil unser Trainer die Nennung unseres Teams um nur einen (!) Tag zu spät bekanntgab. Der Vorstand des anderen Wiener Vereins WAT Wien legte Veto ein und war im Recht, sodass wir unseren Hallenmeistertitel im Jahr 2013 nicht verteidigen durften. Wir mussten also zuhause bleiben. Roman, der Kapitän des MHSC (und ein langjähriger Freund von mir) erzählte mir auf der Heimfahrt vom Turnier via Telefon, dass Linz das Turnier gewann (die den MHSC auch in einer Partie mit 0-9 auseinandergenommen hatte), der MHSC den zweiten Platz belegte (wieder einmal – mich wunderte das überhaupt nicht mehr) und Passau den dritten Platz. Ich hätte mir sehr gerne ausgemalt, wie einfach es diesmal für uns hätte sein müssen den Titel zu halten. Das, und die vorhin beschriebenen Punkte, spornten uns nun zusätzlich an, mit vollem Elan zu trainieren, damit wir, wenn wir wieder dabei waren, die Gegner völlig im Regen stehen lassen werden würden. Wir hatten mittlerweile sehr begabte Spieler in unseren Reihen, wovor sich jede andere Mannschaft in Österreich fürchtete. Dass wir in der Zwischenzeit gelernt hatten, wie wir auch taktisch miteinander harmonierten, verwundert mich überhaupt nicht mehr, denn wir hatten 2 Spitzentrainer in unseren Reihen, die wussten, wo man ansetzen musste und sie wussten des Weiteren, wie sie unser volles Potential ausschöpfen konnten. Man kann das Ganze mit dem Respekt vor dem FC Barcelona (zu der Zeit als Pep Guardiola deren Trainer war) vergleichen. Deswegen wunderte es mich auch kaum, dass es irgendwann mal soweit kommen musste, uns wegen der kleinen Versäumnis einfach vom Turnier auszuschließen. Natürlich ging hier alles regelkonform zu, aber aus menschlicher Sicht hatte diese Situation zur Folge, dass wir nun bereit waren, es allen heimzuzahlen. Vor allem die beiden anderen Wiener Vereine durften von uns nun keine Gnade mehr erwarten. Die Sucht auf Wiener Derbys hatte nun auch den Behindertensport erreicht.